Das kleine Fürstentum Liechtenstein, eingebettet in den Alpen zwischen der Schweiz und Österreich, hätte im 19. Jahrhundert ganz anders aussehen können, wenn der Herrscher ein besonderes Angebot Russlands angenommen hätte. Dem Fürsten von Liechtenstein wurde Alaska angeboten, doch die Fürstenfamilie war von diesem Vorschlag damals wenig angetan. So hätte Fürst Hans-Adam II. heute über ein Gebiet herrschen können, das dreimal so groß wie Frankreich ist. Am 15. August 2025 feiert Liechtenstein friedlich seinen Nationalfeiertag auf der Wiese unterhalb des Schlosses von Vaduz. Zur gleichen Zeit blickt die ganze Welt nach Alaska, wo das lang erwartete Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin stattfindet.
Kaiser Alexander II. hatte Alaska zunächst dem Fürsten von Liechtenstein angeboten
Das Fürstentum Liechtenstein, letzte intakte Monarchie des Heiligen Römischen Reiches, ist ein kleines Gebiet von 160 Quadratkilometern zwischen der Schweiz und Österreich. Die Familie Liechtenstein ist die reichste Herrscherfamilie Europas, doch ihr Vermögen und ihre Macht hätten noch um ein Vielfaches größer sein können…

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Ab 1720 unternimmt der dänische Entdecker Vitus Bering im Auftrag von Zar Peter II. Erkundungsreisen nach Alaska. 1741 wurde Alaska zu russischem Territorium erklärt. Das riesige Gebiet mit extrem rauen Lebensbedingungen, in dem indigene Völker leben, wurde damals einfach „Russisch-Amerika” genannt. Im 19. Jahrhundert wollte Zar Alexander II. seine Kassen auffüllen und vor allem verhindern, dass sein amerikanisches Territorium in britische Hände fiel. Er nahm Verhandlungen über den Verkauf Alaskas auf, doch es fanden sich kaum Interessenten.

Im Jahr 2015 berichtete die deutsche Zeitung Die Welt in einem Artikel über den Versuch, Alaska an Prinz Johann II. von Liechtenstein zu verkaufen. Demnach soll sich Kaiser Alexander II. im Jahr 1867 an die Familie des Fürsten von Liechtenstein gewandt haben, da er wusste, dass diese über die finanziellen Mittel für einen solchen Kauf verfügte. Der Zar war auch ein enger Freund von Fürst Franz von Liechtenstein. „Nach damaliger Auffassung hatte dieses etwa 1,6 Millionen Quadratkilometer große Gebiet keinen Wert, abgesehen von den Pelztieren“, hieß es in der „Welt“. Der Fürst von Liechtenstein lehnte das Angebot jedoch ab.
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Fürst Hans-Adam II. bestätigt den Vorschlag seiner Vorfahren
Ist dieses Angebot Mythos oder Realität? Gibt es konkrete Beweise dafür, dass ein solcher Vorschlag tatsächlich gemacht wurde? Seit Jahren versuchen Historiker, Dokumente und Archivmaterial zu diesem Thema zu finden. Im November 2018 widmete der Schweizer Fernsehsender SRF dieser ungewöhnlichen Geschichte einen Bericht, der im Fürstentum für Aufruhr sorgte und den Fürsten zu einer Stellungnahme zwang. Fürst Hans-Adam II., der sich nur äußerst selten öffentlich äußert, schickte ausnahmsweise einen Brief an die Lokalzeitung „Vaterland”, um diese Information zu bestätigen. „Es ist sicher kein Gerücht!“, betonte der Fürst.
Fürst Hans-Adam II. bestätigte, dass der Kauf Alaskas ein Thema war, „das innerhalb der Fürstenfamilie wiederholt diskutiert wurde“. Er erklärte, sein Großvater sei „sehr reich gewesen und Russland habe Geld gebraucht, insbesondere für die Erschließung des riesigen Sibiriens“. Nach Angaben des derzeitigen Staatsoberhauptes waren die Meinungen innerhalb der Fürstenfamilie damals geteilt. Einige waren der Ansicht, dass die Entwicklung Alaskas aufgrund der großen Entfernung und des rauen Klimas sehr schwierig geworden wäre, andere hätten sich dennoch von dem Vorschlag überzeugen lassen. Letztendlich wurde das Angebot abgelehnt. Fürst Hans-Adam II., der das auf mehrere Milliarden Euro geschätzte Familienvermögen verwaltet, bedauert diese Entscheidung, da später dort bedeutende Goldvorkommen entdeckt wurden.

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Wie bekannt, verkaufte Russland Alaska im Jahr 1867 an die Vereinigten Staaten, die dieses Gebiet für 7,2 Millionen US-Dollar erwarben. Was den Mangel an Dokumenten zu diesem Verkauf angeht, hat Fürst Hans-Adam eine Idee. „Es könnte sein, dass es nur ein mündliches Angebot des Zaren gab und daher von unserer Seite keine Dokumente verfasst wurden“, erklärt der Fürst. Zudem wurden während der Sowjetzeit zahlreiche Archive in Moskau vernichtet. Kaiser Alexander II. unterhielt eine echte Freundschaft zu Fürst Franz, dem Bruder von Fürst Johann II. von Liechtenstein. Die Verhandlungen konnten daher über Fürst Franz geführt werden. Dieser wurde 1929 Nachfolger seines Bruders und damit Fürst von Liechtenstein.
Schließlich erhielt Alaska im Januar 1959 den Status als 49. Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit einer Fläche, die mehr als dreimal so groß ist wie die Frankreichs, ist Alaska der mit Abstand flächengrößte Bundesstaat der USA. In Alaska leben nur 730.000 Menschen, von denen wiederum ein Drittel in der Stadt Anchorage wohnt. Sibirien und Alaska sind durch die Beringstraße voneinander getrennt. Inmitten dieser Meerenge liegen die beiden kleinen Diomedes-Inseln, von denen eine administrativ zu Sibirien und die andere zu Alaska gehört. Die Datumsgrenze verläuft virtuell zwischen den beiden drei Kilometer voneinander entfernten Inseln und bildet gleichzeitig die Grenze zwischen Russland und den Vereinigten Staaten.
Was Liechtenstein betrifft, so erwarb die Fürstenfamilie ihr heutiges Staatsgebiet erst 1699, als Fürst Anton Florian zunächst die kleine Grafschaft Schellenberg und 1712 das benachbarte Gebiet der Grafschaft Vaduz kaufte. Kaiser Karl VI. erklärte sich schließlich im Jahr 1719 bereit, die beiden Grafschaften zu einem souveränen Staat zu vereinen und dem Fürsten damit das Stimmrecht im Reichstag zu gewähren. Bis dahin waren die Fürsten von Liechtenstein eine Adelsfamilie mit großen Ländereien in Böhmen, Mähren und Österreich. Keiner ihrer Besitztümer war jedoch souverän.